Von gewonnener Kunst und ausgebüxten Kälbern

Donnerstag, 13.09.2018

Hallo ihr Lieben,

schon eine Woche rum und da ich momentan nachmittags immer ein bisschen Zeit habe, erzähle ich euch mal, was die ersten Tage so los war. Die Überschrift klingt ja schon etwas außergewöhnlich und so ist es auch. Außergewöhnlich und schön. Aber der Reihe nach; 

Um in Kanada für ein Jahr zu arbeiten beantragt man das "Working Holiday Visa", welches unter den Bewerbern ausgelost wird. Hat man Glück und kriegt einen Platz, so darf man sich mit den ganzen geforderten Unterlagen (Lebenslauf, Führungszeugnis etc.) und gegen eine Gebühr bewerben.  Erst wenn die Zuständigen dann der Bewerbung zustimmen kriegt man einen sogenannten "Correspondance Letter", welchen man bei der Einreise dann vorzeigen muss. 

Nach einem ziemlich unkomplizierten Flug (ich sehe über die geringe Filmauswahl von nur 2 Filmen (!) hinweg haha) kam ich abends dann in Halifax an und war trotz guter Vorbereitung nervös, denn letztendlich hat der Offizier am immigration-Schalter das letzte Wort, ob er dir das Visum ausstellt oder nicht. Lange Rede, kurzer Sinn, meine Befürchtungen waren unbegründet und die nette Frau hatte weder weitere Fragen noch Bedenken bei meiner Einreise. Nichtmal meine schön geordnete Mappe mit den erforderlichen Dokumenten wollte sie sich genauer angucken, stattdessen wünschte sie mir eine wunderbare Zeit und viele schöne Erinnerungen. Achja-Kanadier.. 

Die ersten Tage habe ich dann mit Familie Dion verbracht (leider nicht verwandt mit der Celine) und ich hätte warscheinlich keinen besseren Start ins Abenteuer haben können. Auch wenn ich sie vorher nur einmal kurz in Wolfsburg getroffen habe (Familie von Freunden..), hießen sie mich sehr willkommen und zeigten mir die wunderschöne Gegend in Nova Scotia.  Am Samstag machten wir uns auf zu "Peggy's Cove", einem kleinen  Fischerort, welcher durch den Leuchtturm und die Steinküste zu einem beliebten Touristenziel geworden ist. 
Trotz der vielen Menschen hat es sich aufjeden Fall gelohnt und man hatte einen tollen Ausblick auf den Ozean.

Nun zum eigentlichen Highlight des Tages; Nicholas (Sohn der Familie) und ich waren auf dem Rückweg und entschieden uns, einen kleinen Umweg zu fahren, um die schönen "reichen" Häuser an einem abgelegenen Hafen zu begutachten. Es sollte nur eine kurze Angelegenheit sein, als auf dem Rückweg eine ältere Frau mit ihrem kleinen Hund von ihrer Villa auf unser Auto zukam. Entgegen unserer Befürchtungen, sie würde uns "verjagen" wollen, kamen wir ins Gespräch und sie lud uns in ihr benachbartes Kunststudio ein. Hier wurden gerade Vorbereitungen für den morgigen "Fundraiser" getroffen, bei dem Geld für eine Krebsforschung gesammelt wird.  Von aussen hätte man das Studio gar nicht erkannt, aber von innen war es der Wahnsinn. Die Frau stellte sich als Mary vor und  wollte uns eigentlich nur für das Event einladen, aber ihre Geschichte und Intentionen waren so interessant, ich hätte mich Stunden mit ihr unterhalten können. Sie lud uns dann auch noch in ihren Garten ein, wo ihr Mann gerade mit seinem Segelboot einfuhr (ok.) und zeigte einen versteckten Pfad, von dem aus man den Hafen noch besser sehen kann. Zu dieser Begegnung gibt es noch viel mehr zu erzählen, aber feststeht, dass Mary mich definitv inspiriert hat und  sie gab mir zum Abschied sogar eine selbstgemachte Metall-Libelle  mit. Da wir es nicht zum Event geschafft hätten, wollten wir wenigstens so ein bisschen Geld spenden und Mary verblieb mit Nicholas in Kontakt, da sie uns zwei Lostickets zurücklegen wollte. Es gebe wohl einen Korb mit Kunst im Wert von 1200$ zu gewinnen und im unwarscheinlichen Fall der Fälle, dass wir den gewinnen, meldet sie sich bei uns. Nun ja, beeindruckt von dieser Person hatte ich eigentlich schon die Lostickets vergessen, als am nächsten Tag die überraschende Nachricht kam, wir hätten den Korb gewonnen. Nicholas und ich waren echt verblüfft und konnten es gar nicht glauben, das alles war ein einziger Zufall. Da wir uns auf dem Weg zu meinem nächsten Ziel, einer Farm in Wolfville (ca. 1h nördlich von Halifax), befanden, konnten wir den Preis nicht gleich abholen, aber Nicholas wird demnächst vorbeifahren und wir gucken, was wir mit der gewonnenen Kunst anstellen...😀

Mary's Garten, nicht schlecht oder?

Familie Dion hat mich jedenfalls am Sonntag dann netterweise noch zur Farm gebracht und wir haben uns vorher die Gegend ein bisschen angeguckt. Sie selber kommen gerne her und kennen daher auch die versteckten Highlights, wie z.B. diese Aussichtsplattform:

 

Die Farm, auf der ich die nächsten 2 Wochen gegen Kost und Logis arbeiten werde, habe ich übrigens über die Plattform "workaway" entdeckt. Gegen eine Anmeldegebühr kriegt man Zugang zu vielen Addressen von Höfen, die Aushilfen suchen und an kulturellem Austausch interessiert sind. Viel wusste ich über den Hof und die Menschen dort nicht, man vertraut halt auf die Profilauskunft und das feedback von anderen workawayers, die dort schon gearbeitet haben. Nach dem Motto "hope for the best-prepare for the worst" habe ich mich dann für die Farm mit dem Kuhkopf als Profilbild entschieden und nachdem ich jetzt schon 5 Tage hier bin kann ich sagen, dass es mich nicht besser hätte treffen können. 

Jayn und Thomes, die Eigentümer der Farm, sind super freundlich und man fühlt sich eher als Teil der Familie, nicht wie ein Mitarbeiter. Sie selber waren schon in Europa als workawayers unterwegs und ich bin die 5. für sie; es gibt also schon eine Art Struktur. Hier ein kurzer Einblick, viele haben gefragt was man denn so macht und wie das alles so abläuft..:

7.30 Frühstück 

8-13.30 Arbeit rund um die Farm (bis jetzt habe ich Zwiebeln geernet, Erdbeerfelder vorbereitet, Wände gestrichen, Steine sortiert, Beete geformt, Eier gesammelt, beim Essen vorbereiten geholfen etc.

13.30 Lunch 

14-16.00 Freizeit ( man ist hier etwas weit weg von allem, aber man kann toll die Gegend erkunden oder wie jetzt gerade die Zeit nutzen, am Computer zu arbeiten und meine Reise weiter zu planen)

16.00 Kaffe & Kuchen ( ja sie nennen es wirklich beim deutschen Begriff und jaa wirklich jeden Tag haha)

bis zum Abendessen frei ( ich mache einen online englischkurs, um möglichst schnell wieder ins Englisch reinzukommen und helfe beim Abendessen bzw. was sonst so ansteht)

Wir hatten bis auf einen Tag Traumwetter und es fühlt sich ein bisschen wie eine Erholungskur an ( auch wenn die Arbeit vormittags anstrengend sein kann). Das Essen ist unglaublich, man ernährt sich hauptsächlich von selbst angebautem Gemüse/Obst etc. und es wird alles frisch zubereitet ( von der Milch bis zur Pizza). Ich hab schon echt viel gelernt und auch wenn es einem vorkommt, als würde es die ganze Zeit nur ums Essen gehen, lernt man von Jayn und Thomes super viel über alles Mögliche. 

Ich wohne mit der Tochter zusammen in einem Zimmer, die in meinem Alter ist, aber tagsüber arbeitet, außerdem haben wir noch Josh als Mitbewohner, der zum Oktober hin in das Farmhaus gegenüberzieht. 

Am Dienstag Abend gibt es immer ein Community Dinner mit den anderen Farmern aus der Umgebung und der Gastgeber wechselt wöchentlich. Einmal jetzt ja schon miterlebt und echt ne schöne Sache, jeder kennt jeden und hilft auch wo er kann! 

Dazu kann ich gleich noch ne Geschichte erzählen. Als ich am Sonntag bei der Farm ankam, sahen wir erstmal nur Chaos, viele herumlaufende Menschen und nach einer kurzen Zeit auch den Grund: ein Kalb war ausgebüxt und wollte wohl nicht zurück, erst mithilfe vieler Nachbarn und der Mutterkuh gelang es ihnen. Ich hab nicht schlecht gestaunt und wir alle haben gelacht- so eine Ankunft hätte ich auch nicht erwartet.

An das Essen könnte ich mich echt gewöhnen, aber es steckt auch eine ganze Menge Arbeit dahinter. Zumindest bis nächsten Sonntag werde ich es aber noch genießen, dann ziehe ich weiter Richtung Montreal. Wie, wann genau und mit wem werde ich in den nächsten Tagen noch herausfinden, aber ich hoffen den Indian Summer, die Farbänderung der Laubbäume, dort sehen zu können.

So, der Eintrag wurde jetzt wieder länger als gedacht, aber es gibt doch schon so viel zu erzählen und viele von euch hatten ja nachgefragt, worüber ich mich übrigens super freue! 

Schönes Wochende euch uns bis bald,

Maike 

 (Traumsonnenuntergang bei den Dions)