Neues vom Inselleben

Dienstag, 16.07.2019

Ich sitze gerade auf der Terasse meines Lieblingscafes "Darwins", die Sonne trocknet meine vom Surfen noch nassen Haare und die freilaufenden Hühner werden schon ungeduldig, weil sie wissen, dass es bald Zeit für die Abendration ist. Die Lehne meines Stuhls ist ein bisschen lose und der Tisch wackelt, aber im Cafe spielt jemand auf dem Klavier und ich habe noch die Hälfte meines unglaublich gutem Blueberry-Muffin übrig. Klingt kitschig, aber dieses kleine Plätzchen in mitten des botanischen Garten ist zu einem meiner Lieblingsorte in Tofino geworden. Nein nicht nur Tofino, warscheinlich sogar in der ganzen Welt.

Ich komme oft hier her, manchmal alleine zum Schreiben oder um mein Leben zu planen (haha), meistens aber mit Freunden, die diesen Ort genauso schätzen wie ich. Vor 2 1/2 Monaten bin ich bis ans Ende Kanadas gereist und wenn ich könnte, würde ich bleiben. Zugegeben, ich hätte diesen Eintrag schon viel früher schreiben können, denn mit all dem Geschehenen weiß ich jetzt gar nicht, wo ich anfangen soll. Die instabile Wlan Verbindung zuhause sowie die Tatsache, dass die Zeit hier schneller vergeht als normalerweise hat mich aber davon abgehalten. Aber jetzt bin ich hier, habe Zeit und Lust euch von allem zu erzählen und glücklicherweise ist einer meiner besten Freunde Sam leidenschaftlicher Fotograf und nimmt seine Kamera immer überall mit hin, sodass ich auch einige Bilder teilen kann.. 

Mal angefangen mit der Wohnsituation; ja, wir sind ca. 20 Leute auf kleinstem Raum mit einer(!) Küche und 2 Bädern wie man sie aus Schulzeiten kennt. Auch wenn der Abwasch nicht immer so gut klappt (Spülmaschine kenn ich gar nicht mehr) und die Wände so dünn sind, dass man das Schnarchen der Nachbarn hört, haben wir eine mega tolle Gruppe von Menschen. Überwiegend Engländer und Kanadier, was mein Englisch aufjeden Fall verbessert, aber auch einige Deutsche haben hier ihr Sommerzuhause gefunden. Viel Zeit verbringe ich hier aufgrund von Arbeit und Unternehmungen eigentlich nicht, aber wenn man will findet sich immer wer für ein Feierabendbierchen oder gemeinsames Mittagessen.  Manche meinen, seine Arbeitskollegen als Mitbewohner zu haben kann anstrengend sein, da das Hauptgespräch immer der Job sei, aber ich sehe die Sache anders. Meine Arbeitskollegen sind meine besten Freunde geworden und nun wohne ich mit ihnen zusammen. Die Arbeit an sich kann ziemlich anstrengend sein, aber an sich habe ich mich schnell dran gewöhnt und weiß, was meine Aufgaben sind. Es ist wirklich erstaunlich, wie viele deutsche Gäste es hier gibt. Ich persönlich habe von Tofino in Deutschland noch nie gehört, irgendeine Reiseagentur muss aber wirklich viel Werbung machen. Erst neulich habe ich eine Familie aus Isenbüttel bedient, so klein ist die Welt!

Zwar fängt die Frühschicht um 6.30 Uhr an, aber kann man auch gutes Frühstück kriegen!!

Das ist die Aussicht, die man von unserer Terrasse zuahuse hat, an einem Abend haben wir tatsächlich Orcas gesehen, nicht schlecht oder?! Und mein günstig erworbenes Surfboard, ein Schulpferd unter allen Boards (es wurde früher für Surflessons eingesetzt, ist mit seinen 7.6ft aber ein gutes Modell, um schnell Fortschritte zu machen). 

Surfen an sich ist definitiv meine Hauptaktivität hier, wir gehen quasi jeden Tag vor oder nach der Arbeit. Den Aufwand, welchen man für ein paar Sekunden Wellenreiten (wenn man es schafft) hat, ist eigentlich echt Wahnsinn. Boards aufs Autodach schnallen, je nach Vorhersage zu unterschiedlichen Stränden fahren um die Wellen zu checken, Wetsuits anziehen, surfen, wetsuits wieder ausziehen (was auch nach 100x machen nicht einfacher wird), zurückfahren, alles abspülen, duschen ETC. Jeder der aber schonmal surfen war wird mit zustimmen, dass es den Aufwand wert ist. Ich hab mittlerweile auch schon eine gute Bräune, leider nur im Gesicht und auf den Händen, aber so läuft hier jeder rum..

Ab und zu kann ich Hundesitter spielen und lange Strandspaziergänge machen. Ich vermisse es aufjeden Fall, einen Hund zuhause zu haben.. (ja , manche Sachen vermisse ich wirklich..)

Letzte Woche kam mich dann meine Freundin Yee aus Whistler besuchen. Unsere Freundschaft hat sich buchstäblich durch Kanada gezogen. Nach unserem Roadtrip in Nova Scotia kam sie mich im Skigebiet in Sun Peaks besuchen, dann sind Sassi und ich zu ihr nach Whistler gefahren und jetzt kam sie mit einer ihrer Freundinnen nach Tofino. Ich glaube als nächstes sehen wir uns in ihrem Zuhause Melbourne, Australien.

Ein weiterer Vorteil, Mitarbeiter des Tofino Resorts and Marina zu sein, sind die Boote, die man sich einfach leihen kann. Glücklicherweise haben einige meiner Freunde einen Bootsführerschein und wir können die Gegend vom Wasser aus erkunden.. 

Neulich hatten wir eine riesen Party mit so ziemlich allen saisonalen Mitarbeitern in Tofino. Das Thema war "Woodstock" (wie passend) und auch wenn es hier oft wolkig und nicht ganz so warm ist war das Wetter an dem Abend perfekt. Ich habe leider nicht so viele Bilder, aber die Party war gelungen und auch ein verlorenenes Portemonnaie konnte die Stimmung nicht ruinieren ( ich habe es tatsächlich am nächsten Morgen wiederbekommen und es war alles noch da! Sehr ehrliche Menschen hier, auch das Fahrrad schließe ich nie ab.. Bis jetzt ist noch nichts passiert haha)

Wie schon gesagt vergeht die Zeit hier einfach viel zu schnell und ich muss mir Gedanken um meine Weiterreise machen.. Für mich stand ja fest, dass ich die Uni nicht zum Wintersemester beginne, aber ich habe mich ziemlich sicher für eine Richtung entschieden zu haben. Physiotherapie dual ist gerade meine Entscheidung und war es nun für eine gewisse Weile. Ein Beruf, mit dem ich der Welt ein bisschen helfen kann und der mir vorallem die Tür zum internationalen Arbeitsmarkt öffnet. Denn auch wenn ich mein Zuhause liebe,so brauche ich doch die Option, aufbrechen zu können und ein neues Land zu erkunden. Mein kanadischen Arbeitsvisum läuft Anfang September ab und ich werde vermutlich mithilfe eines Touristenvisums noch ein paar Freunde in Kelowna und Banff besuchen bevor ich mich auf den langen Weg nach Südostasien machen. Dieses Vorhaben aufzuschreiben und zu veröffentlichen ist ein großer Schritt für mich, denn ich habe lange überlegt, ob ich es alleine nach Asien wagen soll. Aber meine Zeit ist jetzt und meine bisherigen Reiseerfahrungen bestätigen, dass es einfach ist, Travelbuddies zu finden und die Gegend gemeinsam zu erkunden. Wer weiß, wann ich nochmal die Chance bekomme, für so lange Zeit aufzubrechen und mit meinen guten Ersparnissen die Welt zu erkunden. 

Noch ein paar fun facts, die ich erst nach jetziger Reflektion für nennenswert empfinde;

- Ich bin mittlerweile Vegetarierin und muss sagen, dass ich Fleisch absolut nicht vermisse. Ich hatte es sowieso relativ wenig gegessen und da ich hier für mich selber einkaufe und koche habe ich mich für diesen Schritt entschieden (sowohl aus ethischen als auch ökologischen Gründen)

- da mein Handy für lange Zeit kaputt war und das Wlan sowieso so schlecht ist verwende ich mein Handy und Social Media viel weniger- was auch der Grund dafür ist, dass ich mich so selten melde.. Aber hey, es geht mir gut und ich auch wenn ich ewig zum Antworten brauche freue ich mich über jede von euren Nachrichten und Nachfragen

- Meine Haare und Augenbrauen sind durch das Salzwasser+Sonne noch blonder als vorher (fast schon weiß), sodass ich schon mehrere Male auf schwedisch angesprochen bzw verwechselt wurde

- auf dem Weg nachhause vom Einkaufen wurde ich von der Polizei angehalten, da ich kein Helm aufhatte, dies hier aber Pflicht ist und es mit $200 bestraft wird habe man kein Helm auf.. Ich konnte mich glücklicherweise irgendwie rausreden und habe das gesparte Geld erstmal für neue Surfschuhe und Eis ausgegeben..

Also mir geht es gut und ich hoffe ihr genießt euren Sommer. Ich muss jetzt packen, denn wir gehen jetzt spontan für ein paar Tage campen. Mal gucken, was der Norden von Vancouver Island so mit sich bringt.. Ich berichte euch beim nächsten Mal davon :)

Alles Liebe,
Maike