Über Umwege nachhause

Dienstag, 15.10.2019

Und dann stand ich da, am Flughafen in Vancouver mit meinem one-way ticket nach Bangkok. Ich kann das Gefühl nicht ganz beschreiben; Aufregung auf das, was nun kommt oder mehr Abschiedsschmerz, ein zweites Mal Kanada nach einem Jahr zu verlassen? Auf Wiedersehen zu sagen wird mir nie einfach fallem, vorallem zu Leuten, die mir über die letzten 12 Monate so ans Herz gewachsen sind. Die letzten Tage habe ich aber noch zwei Freunde besucht und ich hab sie zu ihren Vorlesungen an der Uni begleitet, was mir komischerweise eine kleine Vorfreude auf das vielleicht kommende Studentenleben bereitet hat.

Jessy und ich auf dem Okanagan Lake, die letzten warmen Tage bevor es in Kelowna kalt wurde..

Am Check-in Schalter gingen meine Gedanken zurück zum 18. Juli 2016, meine Gastfamilie und alle meiner Freunde haben mich zum Flughafen begleitet, um Tschüss zu sagen. 3 Jahre sind vergangen seit meines Schüleraustauschs doch diesmal war ich alleine mit meinem viel zu schweren Rucksack. Während ich in der Schlange stand, überkam mich doch das Gefühl der Nervosität. Ich hatte bis dahin noch gar nicht richtig Zeit gehabt, um über alle möglichen Szenarien, die in Asien passieren könnten, nachzudenken. Was, wenn ich doch besser hätte planen soll? Wie schlimm ist es, keine Tollwutimpfung zu haben? Warum habe ich es mir bis jetzt so einfach vorgestellt, weitere Monate in eine komplett andere Welt zu reisen? Meine Nervosität wurde nicht gerade besser, als ich in das gestresste Gesicht der Check-in Lady schaute. In einem kurzen Satz klärte sie mich auf, dass eine 50% Chance besteht, bei der Einreise in Bangkok abgelehnt zu werden. Grund dafür sei mein oneway ticket, was logischerweise keine Weiterreise vorweist. 

Windsor 2016, kurz vor Abflug zurück nach Deutschland...

Zugegeben, ich hatte keine Ahnung, dass ich einen Ausreiseflug brauche (soviel zur Planung..), ich wollte aber nicht einfach irgendwas buchen, da ich das Fliegen so gut es geht vermeide. Somit entschied ich mich für das Risiko, überlegte mir ein paar Überzeugungsgründe, warum sie mich trotzdem ins Land lassen sollten und akzeptierte die Situation. Ihr könnt euch vorstellen, dass der Flug doch nicht so entspannt war, wie ich gehofft hatte. 24 Stunden später kam ich übermüdet in Bangkok an, den Zettel mit meinem ausgedachten Reiseplan per Bus fest in der Hand. Je näher ich dem Immigrationoffice kam, desto angespannter wurde ich, warum sollte er extra für mich eine Ausnahme machen?

Die Sorgen waren unbegründet, der Offizier wollte nämlich weder einen Weiterflug noch sonst irgendwelche Informationen sehen. Stempel in den Reisepass und zack hatte ich das 30-Tage Visum. Von anderen Reisenden, die ich später traf, erfuhr ich aber, dass das wohl reine Glückssache war. Glück hin oder her - ich war super erleichtert und auch die Tatsache, dass mein Rucksack es beim Umstieg nicht ins zweite Flugzeug geschafft hat, konnte das nicht umstimmen. Alte Reiseweisheiten lehren einem ja, die Zahnbürste immer im Handgepäck mitzunehmen, und so ging es für mich raus ins schwüle und schon dunkle Bangkok. Jaja, die Hitze ist schon so ein Thema hier, manchmal Fluch, manchmal Segen. Während ich hier schreibe und alle um mich herum Mittagsschläfchen halten, ist mir auch schon wieder viel zu warm. So gut wie alle Hostels schalten die Klimaanlage tagsüber aus (was auch gut so ist, da man ja meistens unterwegs ist..) Nach gut 3 Wochen in der Hitze habe ich mich schon ein bisschen dran gewöhnt aber glaubt mir, ich würde so ein bisschen Herbstwetter gar nicht schlimm finden.. 

Zurück aber nach Bangkok; ich hatte ein nettes Hostel ziemlich downtown gebucht und war so froh, die Taxifahrt heile überlebt zu haben. Ich nenne den Verkehr hier organisiertes Chaos, überall Rollerfahrer (ohne Helm auf den Highways, ein Kind, manchmal zwei, manchmal Hunde) Tuktuks, Trucks mit Tieren, Busse und für mich sieht es aus als ob jeder fährt wie er will. Aber irgendwie funktioniert es und ich habe noch keinen einzigen Unfall gesehen..

Viele Reisende raten davon ab, Bangkok als erstes in Thailand zu erkunden, da es schon ein extremer Unterschied ist, aber ich konnte mich recht gut eingewöhnen. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass ich direkt an dem Abend noch die Menschen kennengelernt habe, mit denen ich jetzt auch noch reise. Ich bin mit zwei Engländern Nick & Anna, und einer Schwedin, Alex seitdem unterwegs. Wir alle hatten ähnliche Reisepläne und auch wenn wir in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen sind, haben wir uns von Anfang an gleich verstanden.

Nick & Anna aus England                                              

 

Alex aus Schweden

 

Ich kann Thailands Hauptstadt als Basecamp für meine Weiterreise beschreiben. Hier habe ich gelernt, wie man heile die Straße überquert, das Verhandeln mit Souvenirs/Kleidung geübt und meinen Magen auf das typische Streetfood vorbereitet. Glücklicherweise hatte ich bis heute noch keine Probleme mit dem Essen, das liegt vielleicht auch daran, dass ich ja auf Fleisch verzichte. Um ehrlich zu sein, so wie das Fleisch da den ganzen Tag in der Sonne liegt verstehe ich aber auch nicht, wie das überhaupt jemand freiwillig essen würde haha. Ansonsten muss ich sagen, das Essen ist einfach unglaublich gut, meine Favoriten bis jetzt: Mango Sticky Rice, Pad Thai, Papaya Salat, Green Curry. Ich wusste ja, dass Thailand günstig ist, aber dass ich für mein Abendessen meistens nur um die 2-3€ zahle und auch das Hostel nicht mehr als 5E/Nachr kostet ist schon echt Wahnsinn (vor allem verglichen zu Kanadischen Preisen..)

Eine Ausnahme war mein Cocktail auf Bangkok's größter Dachterasse. Da hat mein Getränk sage und schreibe 25€ gekostet, aber Alex und ich beschlossen, dass es die Aussicht wert ist.

Eines meiner Lieblingsmomente war, als ich meine thailändischen Freunde, die ich während meines Austauschs in Kanada kennengelernt habe, wiedertraf. Beide studieren in Bangkok und nahmen sich die Zeit, mir ihre Stadt aus der „Locals-perspective“ zu zeigen. Wir waren in einem Tempel und ich wurde das erste Mal von einem Monk „gesegnet“(?) und generell habe ich ein paar Ecken gesehen, die ich ohne Pao und Nune warhrscheinlich nicht gesehen hätte. Wieder ein Beweis, wie toll ein Auslandsjahr ist.. Die Freunde & Bekanntschaften hat man fürs Leben!

Außerdem habe ich mit Anna und einer anderen Reisenden einen Kochkurs besucht und wir haben im Haus einer Thailänderin 4 verschiedeneThaigerichte gekocht. Das war aufjeden Fall eine sehr coole Erfahrung. Wir haben über "airbnb tours" gebucht (guter Reisetipp übrigens, wenn man authentische und alternative Sachen unternehmen will)

 Neben unzähligen Tempeln und Tuktuks gibt’s in Bangkok noch etwas:  die Märkte. Darunter auch der größte in Thailand- Chatuchak Market. Eines Tages haben wir uns in das 25 Hektar große Chaos gewagt. Der eh schon schwere Rucksack hält mich auf jeden Fall davon ab, unnötiges Zeug zu kaufen, auch wenn es so einfach wäre. Das Bild (aus dem Internet) gibt euch mal so eine Idee, aber man muss das schon live gesehen haben.. Von Klamotten über Portemonnaies bis Möbel kann man hier wirklich alles findet. 

 Nach 4 Tagen Bangkok hatten wir dann aber genug  von der Stadt und entschieden uns mit dem Nachtbus ins 12h nördlichere Chiang Mai zu reisen. Hier blieben wir für ein paar Tage, besuchten einen Wasserpark, weitere Tempel und hatten eine Reunion mit vielen Leuten, die wir aus Bangkok kannten. Es ist schon witzig, wie viele Reisende man immer wieder trifft, von Bangkok gehen die meisten entweder nördlich oder südlich und früher oder später trifft man sich  anscheinend immer wieder. 

Womit ich immer noch kämpfe und was wahrscheinlich auch nicht einfacher wird zu verstehen, ist der Plastikverbrauch hier. Egal ob man nur eine Sache im 7/11 kauft („Supermarkt“ an jeder Straßenecke), sie wollen immer alles in eine Plastiktüte packen. Oder man sitzt IM Restaurant und bestellt einen Smoothie, der kommt natürlich im Plastikbecher mit Deckel und Strohhalm. Mittlerweile haben wir uns alle einen Metall oder Bambusstrohhalm geholt und fragen immer nach einem Glas, auch wenn die Thailänder uns immer ganz verwundert angucken. Ich habe eine Lifestrawflasche, die ich entweder an Automaten mit Wasser wieder auffüllen kann oder den Filter verwende. Wenn man also ein bisschen Aufwand auf sich nimmt kann man Plastik schon gut vermeiden.. Und dann geht man in den nächsten Tempel sieht die „Opfergaben“ und kann nur den Kopf schütteln... Religion und Glauben hin oder her, ich glaube den Göttern ist es egal, ob sie zu dem gegebenen Wasser echt einen Strohhalm brauchen.. Vielleicht ist meine Sicht aber auch bisschen zu naiv, ich weiß das viele Menschen hier andere Probleme haben als über sowas nachzudenken, trotzdem sticht es in meinem kleinen Öko-Herzen..

Plastikflaschen mit Strohhalmen als Opfergabe für die Götter

Manche Menschen machen das Beste draus, siehe alternative Pflanzenhänger

 Kreative Pflanzendeko in Chiang Mai

Es war zwar nicht auf meiner Bucketliste, trotzdem wurde ich überredet und besuchte einen internationalen Boxkampf in Chiang Mai. Mui Thai Boxing ist sehr berühmt hier und die Arena war gut besucht, wir haben 5 Kämpfe in verschiedenen Alters/Gewichtsklassen gesehen. Es war auch ganz unterhaltend, bis bei dem letzten Kampf ein 6(!) Jähriger K.O geboxt wurde... Da haben dann auch wir die Arena ein bisschen verstört verlassen..

Weiter ging es für uns in kleine Örtchen Pai, wo wir die bis jetzt längste Zeit verbracht haben. Wir hatten ein super schönes Hostel mit Pool und Pai erinnert mich sehr an Tofino in Thai-style. Berge, Reisfelder, wenig Verkehr und sehr zurückgelehnter Lebensstil. Hier haben Alex und ich das Rollerfahren gelernt (umstritten, ich weiß, aber früher oder später muss man es eh lernen, wenn man bestimmte Sachen sehen/machen will).

Pai fühlt sich fast an wie eine Oase und auch wenn wir relativ viel unternommen haben war ich nie wirklich erschöpft. Jeden Abend ging es zum Nachtmarkt und nach ein paar Tagen hatten wir schnell unsere Lieblings-Essensstände. Auch in Pai haben wir viele neue Leute kennengelernt und so ist unsere 4-er Gruppe manchmal zu 6. oder 10. unterwegs, manchmal haben wir uns getrennt. Da sind wir alle super flexibel. Ein highlight war auf jeden Fall das „Rivertubing“, was in Deutschland so aufgrund so vieler Umstände garantiert nicht legal gewesen wäre hahaha. Wir waren 13 Leute und nach 3 Stunden mit kurzer Pause haben wir es mit ein paar Kratzern und geplatzten Reifen aber alle heile zurück geschafft.. Ansonsten gefiel mir die Bambusbrücke in mitten von Reisfeldern noch sehr gut und wir sind in den Weiten des Grand Canyon verloren gegangen.

Mein Lieblingsgericht "Pad Thai" 

Außerdem hatte Pai hohen Besuch, die Prinzessin von Thailand war da. Auch wenn wir sie persönlich nicht gesehen haben spürten wir die Auswirkungen, Soldaten waren überall und da sie im Hotel gegenüber untergebracht war durften wir nicht mal unsere Wäsche draußen aufhängen oder zu bestimmten Zeiten die Straße überqueren... Da waren die Soldaten echt streng haha.

Ansonsten waren wir noch in den nahegelegenen Hotsprings, ich habe oft Yogastunden besucht und wir hatten unsere erste Thaimassage.. Ich lasse das mal so stehen, alle die schon mal eine bekommen haben wissen warum. Nächstes Mal betone ich das „back and neck only please“ haha.

Bei einem Nachtmarkt sind wir auf diese angebundenen Nashornkäfer gestoßen, uns wurde erklärt, dass sie später gegeneinander kämpfen und es große Preise für den Gewinner gibt... ? 

 Wir machen uns auf den Weg nach Chiang Rai, die nächste Stadt bevor wir weiter nach Laos reisen. Einen richtigen Plan haben wir nicht, wir buchen meistens nur eins/zwei Nächte, gucken wie es uns gefällt und bleiben entweder länger oder reisen weiter. Ich habe mich aber entschieden, erst mal nördlich zu bleiben und Laos, Kambodscha und Vietnam zu bereisen, bevor ich den Süden von Thailand und Indonesien erkunde. Aber wie gesagt, Pläne ändern sich immer.

Vielen Dank fürs Lesen und die Unterstützung, ich habe für mich auf jeden Fall die richtige Entscheidung getroffen, das Abenteuer Kanada noch ein bisschen zu erweitern. Falls ihr irgendwelche Empfehlungen und Tipps für Südostasien habt, lasst es mich gerne wissen!

Mal sehen, wo es mich noch hintreibt.

Alles Liebe

Maike